Wie oft habe ich Klienten in meiner Praxis sitzen, die enttäuscht sind, von sich oder von anderen. Dabei suchen die meisten Menschen meist im Außen nach Gründen oder Rechtfertigungen. Doch was bedeutet eine Enttäuschung denn wirklich? ‘Ent-‘ als Präfix drückt aus, dass etwas wieder rückgängig gemacht bzw. entfernt werden kann. Und ‘täuschung’ ist ja nichts anderes als eine Irreführung, eine Augenwischerei, ein Bluff. Und schon wird klar, was denn hinter Enttäuschungen steckt: Wir setzen Erwartungen in jemanden oder etwas, erliegen also einer möglichen, selbstgemachten Täuschung aufgrund unserer Erwartung. Werden diese Erwartungen dann aber nicht erfüllt, fühlen wir uns von anderen getäuscht.
Aber ganz ehrlich: was können die anderen dafür, wenn wir etwas von ihnen erwarten, wovon sie vielleicht gar nichts wissen? Oder sie unsere Erwartung schlichtweg nicht erfüllen können oder wollen? Ja, so ist das eben mit den Erwartungen, die sehr oft zu Enttäuschungen führen. Ein offenerer Umgang damit kann sehr helfen. Auch und gerade, wenn unsere Selbstzweifel zunehmen weil wir uns einmal mehr selbst enttäuscht haben. Deshalb ist es für mich sehr wichtig, gleich am Anfang einer Therapie oder eines Coachings über Enttäuschungen zu sprechen und klar zu machen, dass wir damit rechnen müssen, dass unser gemeinsamer Weg nicht kerzengerade, ohne Steine, Berge und Rückschritte zum Ziel führen wird. Und dass das auch genau so sein muss. Jeder Stein, den wir aus dem Weg räumen und jeder Umweg, den wir nehmen, ist unserer Entdeckungsreise dienlich. Wenn vielleicht nicht im selben Moment, dann auf jeden Fall irgendwann später. Und jede Entscheidung, die wir getroffen haben, kann nunmal zu einem Rückschritt führen. Aber ein Rückschritt ist nicht das Ende der Reise! Er ist die Möglichkeit, nochmal genauer hinzuschauen und daraus zu lernen. Wenn wir das verstanden haben, können wir uns von Enttäuschungen lösen und viel befreiter vorwärts marschieren.
UNFOLD YOURSELF – von der Person zur Persönlichkeit